Sonntag, 13. Mai 2007

Aus ungeliebten Kindern werden leicht herzlose Eltern - und natürlich: Kinderlose

Abb.: Ein glückliches Kind
In der Wissenschafts-Berichterstattung über "Mutterliebe" machen sich wirklich merkwürdige Tendenzen breit. Die "Welt" bietet ein neues Beispiel (Welt). Während die Wissenschaft selbst nur immer wieder von Neuem die ungeheuer prägende Bedeutung einer wertvollen Mutter-Kind- und Vater-Kind-Bindung für das ganze künftige Leben eines Kindes unter Beweis stellt, wird die Darstellung dieser wichtigen Tatsachen mit einer "flachsigen" Rhetorik umgeben, die einem - sozusagen - dann nur wieder nahelegen soll: Naja, Entschuldigung! Alles nicht so schlimm. Nur kein schlechtes Gewissen kriegen. Schön seelisch gepolstert bleiben. Rabeneltern gibt es doch gar nicht.

Wahrscheinlich wird es bald als diskriminierend empfunden werden, überhaupt von Rabeneltern zu sprechen. Auf der anderen Seite aber steigen die Zahlen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und bei der Kindesvernachlässigung und beim Kindesmißbrauch. Aber die größten "Rabeneltern" sind natürlich immer die, die gar keine Kinder haben und sich "das alles" gar nicht antun. Aber auch sie würde ich nicht als die Hauptschuldigen benennen. Der Hauptschuldige ist eine gesellschaftliche Atmosphäre, die unter einem heuchlerischen Glimmer von ständiger Vitalität und Jugendlichkeit auf einer tieferen psychologischen Ebene schlicht und einfach Lebens-, Familien-, Bindungs- und damit "Fortpflanzungs-" und Kinder-verneinend ist. Im Mittelpunkt der Argumentation von Leuten wie Frau von der Leyen steht die Selbstverwirklichung von Männern und Frauen, nicht die Bedürfnisse von Kindern. In dem Artikel erläutert Jutta Beiner-Lehner,
warum leicht aus ungeliebten Töchtern (und Söhnen) "herzlose" Mütter (und Väter) werden können
In einem Kommentar heißt es dazu ganz richtig:
Tja, auch und gerade weil Mutterliebe kein Instinkt ist, sollte in der Liste relevanter Berichte ein Link auf U. v. d. Leyen nicht fehlen. Spätfolgen einer frühkindlichen Störung der Beziehung von Mutter und Kind werden zwar ausdrücklich als nicht zwingend schädlich dargestellt, aber Schäden auch nicht ausgeschlossen. Unter diesem Gesichtspunkt sollte man sich wirklich überlegen, ob eine Frau Familienministerin sein darf, wenn sie die Kinder weg von den Eltern und in Kitas zwingen will.
Nun, "zwingen" mag hier ein übertriebenes Wort sein ... (Aktualisierung 2015: Nein, es ist kein übertriebenes Wort.) Und nun die genannten Fakten selbst.
... War Mutterliebe stets schon vorher da, um ihre Spuren zu hinterlassen? Zärtlichkeit unter Erwachsenen beispielsweise soll es nur bei den (Tier-)Arten geben, bei denen der Nachwuchs bemuttert wird, glaubt der österreichische Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt. Die Mutter-Kind-Symbiose würde bei jeglichem Geturtel als unterschwellige Vorlage dienen. „Selbst der Spatz, der um ein Weibchen wirbt und dabei zitternd mit den Flügeln schlägt, genau wie ein bettelndes Küken, beweist das“, so Eibl-Eibesfeldt.
Kann man spannend finden, diese These, ja, fast gewagt. Aber Eibl-Eibesfeldt wird es ja wohl wissen, wovon er spricht. Das hat man dann in seinen Büchern ganz überlesen oder das ist ein neuer Gedanken von ihm.
Auch was körperlich dabei so alles passiert, versuchen Wissenschaftler seit Langem zu ergründen - nicht nur unter Müttern, sondern ebenso bei Vätern und Kindern. „Frühe Bindung oder nachhaltige Bindung prägt nachhaltig das Gehirn auf Liebesfähigkeit“, sagt etwa Professor Henning Scheich, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg. Mittels Kernspintomograf verglich er die Hirnaktivität von Müttern und Vätern mit der von kinderlosen Frauen und Männern und spielte ihnen dabei Aufnahmen von fröhlich gurrenden sowie weinenden Säuglingen vor. Die auffallenden Unterschiede der gemessenen Reaktionen verwunderten nicht: Wer Erfahrung mit Nachwuchs hatte, dessen Nervenzellen reagierten gezielter und wesentlich effektiver auf Babys Laute als die unerfahrenere Vergleichsgruppe.
Es ist ja festzustellen, dass dies nicht nur Glück bedeuten muss. Wird eine Elternteil - etwa durch Scheidung - von seinen Kindern getrennt, kann dies auch ganz etwas anderes bedeuten. Und wer damit Erfahrung hat, der weiß, dass Kinderlose diejenigen sind, die von all diesen Dingen am wenigsten "Ahnung" haben. Das sind - offenbar - wirklich Dinge, die man selbst erlebt haben muss.
... Bei mütterlich gut versorgten Kindern steigt ebenfalls der Oxytocin-Spiegel, wie Seth Pollack von der University of Wisconsin bewies: Er untersuchte Vierjährige, die sofort nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und in einem russischen oder rumänischen Waisenhaus gelebt hatten, mit denen, die bei ihren Eltern aufwuchsen, daraufhin, wie sie auf liebevolles Schmusen reagierten. Nach einer halben Stunde verglich er bei beiden Gruppen den Oxytocingehalt des Urins. Es zeigte sich, dass bei den leiblichen Kindern nach einer halben Stunde ausgiebigen Gekuschels das auch als Bindungshormon bezeichnete Oxytocin stark angestiegen war, ein Garant für angenehme Gefühle. Die Waisenkinder blieben trotz Nähe vergleichsweise cool, ihr Oxytocin-Gehalt niedrig. Auf diese Weise lässt sich schon biochemisch erklären, warum leicht aus ungeliebten Töchtern (und Söhnen) „herzlose“ Mütter (und Väter) werden können.
Bekanntermaßen waren es oft Waisenkinder, die - beispielsweise in der russischen Armee der Tschetschenien-Kriege - zu den schlimmsten Brutalitäten fähig waren und sind.

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