Mittwoch, 26. September 2007

Rehabilitierung einer menschen- und kulturverachtenden Ideologie?

In einer Doktorarbeit des deutschen Historikers Jörg Später, die 2003 erschienen ist (Amazon), wird die politische Ideologie des Vansittartismus (Wikipedia) neu aufgearbeitet und kritisch bewertet. Das Resümee dieses Buches lautet: "Im Falle Vansittarts handelte die Unvernunft im Sinne der Vernunft." (S. 447)

Jörg Später versucht also in gewisser Weise die "Rehabilitierung" einer bis heute von fast allen politischen Richtungen und Historikern vieler Nationen, besonders auch der britischen, schwer verurteilten politischen Ideologie. Diese Ideologie behauptete, daß alles Unheil der europäischen Geschichte seit den Tagen des Cheruskerfürsten Arminius von Deutschland ausgehen würde. Diese Ideologie wurde 1940 in großes Aufsehen erregenden Sendungen der BBC verbreitet und diente dazu, die Kriegsbereitschaft in Großbritannien aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Sie wurde auch niedergelegt in dem Buch "Black Record" von Lord Vansittart, einem langjährigen führenden Diplomaten im britischen Auswärtigen Amt.

Jörg Später führt in seiner Einleitung (S. 7 - 18) viele Zeugnisse für die Verurteilungen dieser Ideologie auf, die ganze breite Front der ablehnenden Stimmen von Politikern wie Willy Brandt über Historiker wie Hans Rothfels, Dietrich Aigner oder Caspar Schrenck-Notzing bis hin zu unzähligen Stimmen deutscher Emigranten aller politischer Richtungen und auch zahlreiche britischer Historiker. (Übrigens wäre in dieser Reihe auch der damals als Emigrant in England lebende Maler Oskar Kokoschka einzuordnen, der sich in die damalige öffentliche Debatte in Großbritannien einzumischen versuchte.)

Der Fehlschluß, den Jörg Später begeht, ist klar folgender: Er macht sich nicht klar, WELCHE Kriegsziele infolge des weit verbreiteten Vansittartismus von seiten einer "demokratischen" Öffentlichkeit kritiklos hingenommen wurden. Diese Kriegsziele und die Methoden zu ihrer Herbeiführung (z.B. unterschiedslose Bombardierung der deutschen Zivilbevölkerung usw.) waren es aber erst wohl - letztlich -, deren Verwirklichung der Vansittartismus und die Propaganda für ihn ermöglichen sollten. Diese Kriegsziele waren spätestens seit 1941 (also vor Bekanntwerden von Ausschwitz - worauf schon die deutschen Historiker Dieter Hildebrand und Andreas Hillgruber während des Historikerstreites hinwiesen): Vertreibung der Deutschen bis zur Oder durch Bolschewisierung Osteuropas bis zur Elbe, also das bewußte Benutzen stalinistischer Methoden zur Durchsetzung "demokratischer" (???) Kriegsziele. Mehr dazu siehe beispielsweise auch hier: (Lulu.com/Ingo Bading)

Wenn also auch die letzte "Absicht" (oder das Resümee) dieses neuen Buches über den Vansittartismus zurückgewiesen werden muß, so kann doch das breite, benutzte Quellenmaterial und die Aufarbeitung eines umfangreichen Stoffes als sinnvoll erachtet werden.

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