Donnerstag, 17. Januar 2008

Die Geburtenrate von Anthroposophen

Fragen zur Religionsdemographie nicht-monotheistischer Gruppierungen

Michael Blume hat wieder einen interessanten Beitrag, diesmal über einen neuen Werbespot von "Du bist Deutschland". (M. Blume) Der frühere bekannte Werbespot wurde auch hier auf "Studium generale" schon behandelt. Dieser neue Beitrag von Michael regte mich erneut dazu an, über die Kinderzahlen von Gruppierungen nachzudenken, die weltanschaulich nicht-monotheistisch geprägt sind - aber dennoch Phänomenen wie "Spiritualität" oder "Religiosität" nicht gleichgültig gegenüber stehen.

Und mir fielen da zuerst die Anthroposophen ein, weil es einen doch immer wieder auch erstaunt, welches soziale Engagement sie in der Öffentlichkeit entfalten: Waldorf-Kindergärten, Waldorf-Schulen und so vieles andere mehr ("Waldorf-Minister" ...). Schon dieses soziale Engagement und (Verantwortungs-) Bewußtsein könnten auf ähnlich erhöhte Geburtenraten gegenüber der Durchschnitts-Bevölkerung hinweisen wie dies ja auch bei kirchlich oder freireligiös geprägten Menschen der Fall ist, die sich auch stärker sozial engagieren. Also könnte sich die Frage stellen: Haben Anthroposophen im Durchschnitt mehr Kinder als die Durchschnitts-Bevölkerung?

Gibt es dazu Literatur?


Hier ein recht "typisches" (?) Lehrerkollegium einer Waldorfschule (Würzburg, 1981)

Waldorf-Schüler haben weniger Allergien

Netz-Suche etwa mit Stichworten wie "anthroposophisch" und "Kinder" ergeben durchaus den einen oder anderen Hinweis. So ist 2006 eine Studie veröffentlicht worden, wonach Waldorf-Schüler etwas weniger unter Allergien leiden als Kinder der Normal-Bevölkerung. (Wellness-beauty-info.de, Purenature.de) Eine niedrigere Allergie-Rate ist ja auch schon einmal von Kindern festgestellt worden, die auf dem Bauernhof aufwachsen. (Siehe früherer St.gen.-Beitrag) Vielleicht gibt es bei beiden Gruppierungen Überschneidungen in den Lebenstilen?

Jedenfalls werden die Ergebnisse dieser Allergie-Studie auch damit begründet, daß Waldorf-Kinder in der Regel (oder häufiger) in "kinderreichen Familien" aufwachsen würden. So sagt Professor Dr. Christoph Schempp, Oberarzt an der Universitäts-Hautklinik Freiburg:
... Es gibt zum Beispiel eine große Studie, die in The Lancet erschien, und in der Waldorf-Kinder mit Kindern aus nicht-anthroposophischer Erziehung verglichen wurden. Die Waldorf-Kinder hatten signifikant weniger Allergien. Diese Studie legt nahe, dass in kinderreichen Familien mit vorwiegend lactovegetabiler Ernährung und geringer Zahl von Impfungen weniger Allergien auftreten.
Herr Schempp unterstellt also hier, wenn ich richtig verstehe, daß Waldorf-Kinder eher in kinderreichen Familien aufwachsen, als Nicht-Waldorf-Schüler. *) Das ist sicher auch in der von ihm erwähnten Studie untersucht worden. Google-Scholar nun liefert mancherlei spannende Ergebnisse unter dem Stichwort "anthroposophic", also zum Thema statistisch feststellbare medizinische Auswirkungen eines anthroposophischen Lebenstiles. Dabei wird immer wieder auch "family size" oder ähnliches in den untersuchten Gruppen abgefragt. - Überhaupt, so fällt mir nun ein, könnten solche medizinischen Untersuchungen, die Familiengrößen mit abfragen, eine interessante Quelle auch für religionsdemographische Untersuchungen sein! (- ?)

Gibt es den Anthroposophen vergleichbare Gruppierungen?

Aber welche Gruppierungen könnte man bezüglich solcher religionsdemographischer Fragestellungen noch untersuchen? Es müßten ähnlich große Gruppierungen wie die Anthroposophen sein, wenn man zu aussagekräftigeren Ergebnissen kommen will. Denn irgendwelche zahlenmäßig sehr kleinen Gruppierungen und "Splittergruppen" müssen noch nicht sehr repräsentativ sein. Nur aus diesem Grund erscheinen mir die Anthroposophen wichtig.

Selbst ein solches Kriterium wie "politisch konservativ" bringt ja keine statistisch höhere Geburtenrate mit sich heute in Deutschland, wenn ich das recht in Erinnerung habe. Einen besonders ausgeprägten "Patriotismus" jenseits weitgehend hohler Worte findet man ja in diesen Kreisen auch schon lange nicht mehr. Zwischen beiden Phänomenen (hohler Patriotismus und durchschnittliche Geburtenrate) werden wohl Wechselbeziehungen bestehen. Koch thematisiert Jugendkriminalität statt Familienpolitik. Das sagt wohl alles ...

Deshalb macht ja wohl auch die CDU heute immer noch eine solch merkwürdige Familienpolitik, das heißt: immer noch gegen die Vorschläge solcher aus der Wandervogel-Bewegung hervorgegangener Sozialreformer wie Gerhard Mackenroth, die sich schon in den 1950er Jahren gegen die Adenauer-Regierung nicht durchsetzen konnten. (siehe frühere St. gen.-Beiträge über Mackenroth)

(Ein Folgebeitrag zu diesem findet sich ---> hier.)
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*) Ich werde mich hier übrigens keinesfalls in die in vielen Kreisen - auch in meiner Verwandtschaft - hochgradig beliebte Debatte über Impfen und Ernährungsfragen hineinmischen. Mir geht es hier nur um das Thema Religionsdemographie.

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