Donnerstag, 1. Januar 2009

Die Kernfrage dieses Blogs

Altruismus kann evoluieren, wenn die Hamilton-Ungleichung r > K/N eingehalten wird, das heißt, wenn die Kosten K einer altruistischen Handlung (für den Altruisten) geteilt durch den Nutzen N einer altruistischen Handlung (für den Nutznießer) kleiner sind als der genetische Verwandtschaftsgrad, der zwischen Altruist und Nutznießer besteht.

Diese Ungleichung ist seit 1964 bekannt (William D. Hamilton). Merkwürdigerweise ist in der Forschung noch nicht untersucht worden, wie sich Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith auf die Gesetzmäßigkeiten dieser Altruismus-Evolution auswirkt. Arbeitsteilung verringert ja die Kosten einer altruistischen Handlung und erhöht ihren Nutzen, also sollte sie ein Sinken des genetischen Verwandtschaftsgrades zwischen Altruist und Nutznießer ermöglichen.

Bevor zur Erklärung von Altruismus in arbeitsteiligen Gesellschaften (menschlichen, tierlichen oder in mehrzelligen Organismen überhaupt) das Prinzip "reiner" Gruppenselektion ("Superorganismus") herangezogen wird, wie das derzeit immer üblicher wird in der Forschung, sollte überprüft werden, inwieweit arbeitsteilige Gliederung den evolutiv älteren Verwandten-Altruismus auch in arbeitsteiligen Systemen noch in Geltung läßt, bzw. "überlagert".

Wenn nämlich die heutige Altruismusforschung nach den Prinzipien fragt, nach denen menschlicher (oder tierlicher) Altruismus evoluiert ist, dann betont sie neben dem Verwandten-Altruismus immer stärker die Gruppenselektion. Etwa W.O.H. Hughes und Samuel Bowles in "Science" oder Edward O. Wilson, David Sloan Wilson und Bert Hölldobler in "PNAS" und an anderen Orten (im Zusammenhang mit ihrer "Superorganismus-Theorie").

Das Prinzip Arbeitsteilung ist dabei nirgends wirklich in den Fokus der Altruismus-Forscher getreten, auch nicht jener, die an einer "Evolutionären Wirtschaftswissenschaft" arbeiten. In vielen Arbeiten wird das Prinzip Arbeitsteilung behandelt. Aber nirgends deutlicher in Bezug gesetzt zur Hamilton-Ungleichung, aus deren Gesetzmäßigkeiten sie, die Arbeitsteilung, ja in allen Bereichen, in denen sie auftritt, ganz zwangsläufig hervorgehen muß.

Vielleicht deshalb, weil sich die Forscher nicht klar machen, daß arbeitsteilige Spezialisierung und das Handeln als beruflicher Spezialist an sich ein altruistisches Handeln ist, eine Übernahme von Verantwortung, von "commitment". Auch das altruistische Handeln in beruflichen Zusammenhängen muß man ja in die Theoriebildung einfügen können, wo es doch so allseits vorherrschend ist in arbeitsteiligen Gesellschaften und in unserer persönlichen Berufserfahrung.

Es kann und sollte also postuliert werden, daß im Übergang vom Prinzip des Verwandten-Altruismus zum Prinzip der Gruppenselektion noch ein wesentliches, drittes Prinzip berücksichtigt werden muß: die Arbeitsteilung.

In diesen Bereichen theoretischer Weiterentwicklung und emprischer Überprüfung anhand des reichen Tatsachenmaterials, das sich etwa in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Menschheit findet, sollen sich künftig immer stärker fokussiert die Beiträge dieses Blogs bewegen, der vor zwei Jahren einmal als ein sehr allgemeiner Wissenschafts-Blog mit bunt gemischten Themen begonnen hat.

Um aber in diesem Blog nicht weiterhin die grundlegenderen Beiträge ("Research Blogging") zwischen sonstigen Kurzbeiträgen untergehen zu lassen, werden letztere seit Herbst 2008 in einen zweiten Blog ausgegliedert: "Studium generale - Allgemeinere Beiträge".

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