Samstag, 5. Mai 2012

Die lange "Vorbrennphase" der "Neolithischen Revolution"

Ein um zehntausend Jahre verlängerter Vorlauf des Neolithikums im Vorderen Orient

Das Wichtigste in Kürze: Um 18.000 v. Ztr. hat es in einer Oase 70 Kilometer östlich von Amman (am östlichsten Rand des bis heute bekannt gewordenen Verbreitungsgebietes der damaligen Kulturstufe des "Kebaran") eine halbseßhafte Siedlung von einer Größe gegeben, wie sie - nach heutigem Wissensstand - erst wieder ab 9.500 v. Ztr. mit der vollneolithischen Lebensweise erreicht worden ist (s. Wiki). Die halbseßhafte "Vorlaufphase" zur vollneolithischen Lebensweise, in der offenbar die neue Lebensweise in vielen tausenden von Jahren um evolutionäre Stabilität rang, dauerte somit nicht 3.000, sondern 13.000 Jahre.

Vor fünfzehn Jahren war die Erkenntnis spannend, daß die ersten Ackerbaukulturen nicht fünf-, sondern zehntausend Jahre alt sind. Bis in die 1980er Jahre hinein wurde dabei die "neolithische Revolution" von der Forschung auch als ein einmaliger großer gewaltiger Akt angesehen. Aber in den 1980er und 1990er Jahren breitete sich dann die Erkenntnis aus, nicht nur daß die Neolithische Revolution fünftausend Jahre vorher stattgefunden hat als bis dahin gedacht, sondern daß die neolithische Lebensweise der Menschheit dabei auch - sozusagen - wie eine dreistufige Rakete startete (4-6). Diese Erkenntnis wurde damals unter anderem recht anschaulich popularisiert durch den Wissenschaftsjournalisten Roger Lewin (Abb. 1).


Abb. 1: Neolithische Revolution - frühere und heutige Vorstellung (aus: Roger Lewin, 1992)

Diese drei Stufen hießen (und heißen noch heute) im Fachjargon: Kebaran --> Natufium --> PPNA / PPNB. Also: kleine umherziehende Jäger-Sammler-Verbände --> halbseßhafte Erntevölker --> Dorfkultur / Stadtkultur. Einen vielleicht ganz brauchbaren Forschungsüberblick habe ich dazu einmal 1995 in einer Seminararbeit gegeben (6). Diese Stufenabfolge ist auch noch einmal in Abbildung 2 differenzierter - zusammen mit den jeweiligen Siedlungsgrößen dargestellt.

Abb. 2: Die Kulturstufen der neolithischen Revolution (aus: T. Molleson, 1994, ergänzt durch I.B.)

Bis zum gegenwärtigen Jahr 2012 hatte man nun angenommen, daß diese "Rakete" zwar dreistufig gestartet sei, aber praktisch "aus dem Stand" losgeflogen wäre, daß die Menschen im Vorderen Orient bis zum Start jener "Rakete" um 12.000 v. Ztr. (14.000 v. h.) dort immer noch so gelebt hätten - vor allem mit ähnlicher Siedlungsdichte -, wie noch heute die Buschleute in Südafrika in der Kalahari.

Doch spätestens seit Anfang dieses Jahres wissen wir: die erste Stufe dieser Rakete "Neolithische Revolution" mußte sage und schreibe siebentausend Jahre länger brennen, als bislang bekannt, um jene ausreichende Beschleunigung zu erlangen, die schließlich dazu ausreichte, den weit entfernten Planeten "Dorfkultur"/Ackerbau zu erreichen (und von dort aus dann - über weitere Brennstufen - den noch viel weiter entfernten Planeten "industrielle Revolution", auf dem wir heute leben). Was also haben wir dieser dreistufigen Rakete alles zu verdanken! Was wäre passiert, wenn ihr zwischendurch der Brennstoff ausgegangen wäre? (Wenn wir nur diesen Brennstoff überhaupt schon kennen würden.) Aber wieviel mehr noch haben wir vielleicht nun ihrer vieltausendjährigen "Vorbrenn"-Zeit zu verdanken?!

Diese erste genannte Stufe "Natufium" hatte beinhaltet: Halbseßhaftigkeit aufgrund des Jagens großer Gazellenherden und des Erntens von wildem Getreide. Diese Kennzeichen galten als das menschheitsgeschichtlich Neue der Kulturstufe des Natufium (12.000-9.000 v. Ztr.) (Wiki). Jene Kulturstufe, in der in der heutigen Südtürkei auch das berühmte Bergheiligtum von Göbekli Tepe (11.000 v. Ztr.-8.000 v.Ztr.) (Wiki) entstanden ist. Seit Kurzem wissen wir nun: Auch das Entstehen dieses Bergheiligtums war der Endpunkt nicht eines vielleicht 2.000-tausendjährigen "Brennens" der Raketenstufe "Natufium", sondern der Endpunkt eines sieben- bis zehn-tausendjährigen "Brennens", nämlich mitsamt der Kulturstufe des vorausgehenden Kebaran (21.000-12.000 v. Ztr.) (Wiki) zusammen. Klar ist: die ersten Tempel entstanden, noch bevor die Siedlungs- und Lebensformen Stadt, Dorf oder Vollseßhaftigkeit überhaupt erreicht waren. Sprich: Die Rakete der Götter der Menschen beschleunigte noch früher, als die der Menschen selbst ... (- ... Und vielleicht war das ja schon ein Teil des Brennstoffes? ....)

Die dreistufige Rakete "Neolithische Revolution"

Jedoch: Von den Göttern der Menschen, die in den zehntausend Jahren Vorbrennzeit vor dem Natufium lebten, also in der ihm vorausgehenden Kulturstufe des Kebaran (21.000-12.000 v. Ztr.)(Wiki), wissen wir bis heute noch so gut wie nichts. Auffallenderweise. Wenn aber auch diese Kulturstufe schon gekennzeichnet sein sollte durch das Merkmal der Halbseßhaftigkeit, wie seit Anfang dieses Jahres bekannt (1), dann bekommt das Neolithikum einen (Brenn-)Vorlauf, der bis in die Zeit zurückreicht, in der in Europa die Renntierjäger der Eiszeit ihre kunstvollen Höhenmalereien und Elfenbeinfigurinen ausgestalteten.

Abb. 3: Verbreitungsgebiet der Kultur des Kebaran mit dem östlichen Außenposten Kharaneh IV

Schon vor zehn Jahren war an einer Ausgrabungsstätte am See Genezareth (Ohalo, engl., Arch.) eine 21.000 Jahre alte Siedlung gefunden worden (bdw 2001), die 2.000 Quadratmeter (0,2 Hektar) umfaßte. So ungewöhnlich sie erscheinen mußte, hatte sie doch bis heute noch als eine Art "merkwürdiger Einzelfall" gelten können. Doch in diesem Jahr wird eine etwa zeitgleiche Siedlung 70 Kilometer östlich von Amman in Jordanien (vgl. Abb. 1) bekannt, die sogar schon zehnmal so groß war wie jene Siedlung am See Genezareth, nämlich 21.000 Quadratmeter (2,1 Hektar) umfaßte. Ihr Name: "Kharaneh IV" (s.a. Wiki) (1):

Kharaneh IV is unparalleled in size and artifact density for the entire Epipalaeolithic, Natufian included.

"Natufian included" schreiben die Forscher! Was in diesen beiden Worten enthalten ist. Das heißt, für die Zeit seit 18.000 v. Ztr. hat es bis zum Beginn der vollneolithischen Lebensweise des PPNA ab etwa 9.500 v. Ztr. nach heutigem Kenntnisstand nie wieder eine so große Siedlung gegeben, wie am östlichsten Rand des derzeit bekannten Verbreitungsgebietes der Kultur des Kebaran um - - - 18.000 v. Ztr. (s. Abb. 2). Und das, obwohl das Natufium mehrere Jahrtausende umfaßte und archäologisch vergleichsweise gut erforscht ist. - Mußte etwa bei der Raketenzündung selbst mehr Energie aufgewendet werden, als im nachmaligen "Brennvorlauf"? Die Forscher schreiben (2):

Die letzte Phase des Epipaläolithikums, die dem Neolithikum unmittelbar voraus geht
(also das Natufium ab 12.000 v. Ztr.)
ist bei weitem die am besten erforschte was ihren kulturellen und wirtschaftlichen Beitrag betrifft zu Fragen des Ursprungs des Ackerbaus. Erst jüngst erkennen die Archäologen die früheren Phasen des Epipaläolithikums 
(also das Kebaran ab 20.000 v. Ztr.)
als kulturell dynamischer und der späteren Natufium-Phase ähnlicher als bislang gedacht. Das frühere Epipaläolithikum wird zunehmend erkannt als eine Phase, die jene Variabilität der Lebensweise und der Innovationen demonstrieren, die helfen, den wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Wandel zu verstehen, der mit den komplexen Jäger-Sammlern des Natufium und der Bauern des Neolithikums verbunden ist.

Das heißt: Die achttausend Jahre Kulturstufe des Kebaran helfen uns, den Raketenaufbau und das Funktionieren der Rakete insgesamt besser zu verstehen. Es wird somit deutlicher, daß das Natufium und das Kebaran zusammen gesehen werden müssen, daß die erste Stufe der genannten Rakete nicht "Natufium" heißt, sondern "Natufium & Kebaran". Daß das Natufium womöglich nur die gesellschaftlich stabilisiertere "Endphase" des Kebaran darstellt. Es wird also inzwischen deutlich mehr die Kontinuität zwischen Kebaran und Natufium betont, als die Diskontinuität. Das Natufium, bzw. dann das nachfolgende PPNA mögen nur die endlich "stabil" gewordene Endphase dessen aufzeigen, was in 13-tausend Jahren zuvor noch größere Instabilität und Seltenheit aufgewiesen haben mag.

Die Rakete - Wie startete sie? Wie beschleunigte sie? ...

Abb. 2: Vereinzelte Gräber oder Menschenknochen

Diese herausragende Siedlung "Kharaneh IV" befindet sich in einer heutigen Steppen- bzw. Wüstenregion in der Nähe einer (vormaligen) Oase. Zur Zeit ihres Bestehens vor 20.000 Jahren war es dort (auf dem Höhepunkt der Eiszeit in Nordeuropa) deutlich feuchter. Somit verdichtet sich das Bild darüber, daß die halbseßhafte Vorläuferkultur im Vorderen Orient viel längere "Anlaufzeiten" zur Erreichung der Vollseßhaftigkeit genommen hatte, als man das bisher ahnen konnte. Es wird berichtet (Archäologie Online, Febr. 2012):

Das Areal wurde regelmäßig saisonal von einer großen Gruppe besiedelt und für rituelle Zwecke genutzt. Die Ergebnisse der Ausgrabungen von Kharaneh und von anderen gleichzeitigen Fundstellen wie Ohalo II am See Genezareth deuten immer stärker darauf hin, daß der Beginn von - zumindest saisonaler - Sesshaftigkeit und "dörflichen Strukturen" deutlich früher zu suchen ist als bisher allgemein angenommen.
Und in einem aus dem Englischen übersetzten Bericht (Astropage, 24.2.12):
Die Archäologen gruben hunderttausende von Steinwerkzeugen, Tierknochen und anderen Funden in Kharaneh IV aus, das sich heutzutage nur mehr als ein 3 Meter hoher Erdhügel über die Wüstenlandschaft erhebt. (...) Bis jetzt hat das Team zwei Hütten komplett ausgegraben, doch unter dem Wüstensand könnten sich noch einige mehr verbergen. "Sie sind nicht unbedingt groß. In der Länge messen sie maximal zwei bis drei Meter und sie wurden in den Boden gegraben. Wände und Dach waren aus Geäst, das verbrannt ist und einstürzte und dunkle Markierungen hinterließ", beschreibt Dr. Tobias Richter von der Universität Kopenhagen und einer der Co-Direktoren des Projekts. (...)
Obwohl ein Archäologenteam bereits 1989 bei Ausgrabungen in Ohalo II am Ufer des Sees Genezareth das mit 23.000 Jahren älteste hüttenartige Bauwerk gefunden hatte, glaubt das Team an der Grabungsstätte Kharaneh IV, daß ihre Entdeckung nicht weniger bedeutend ist, wie Dr. Maher erklärt: "Im Inneren der Hütten fanden wir Stapel von sorgfältig ausgebrannten, ausgehöhlten Gazellen-Hörnern, Klumpen von rotem Ocker-Farbstoff und einen Vorrat von hunderten, gelochten Meeresmuscheln. Diese Muschelperlen wurden über eine Strecke von mehr als 250 Kilometern vom Mittelmeer und dem Roten Meer an diesen Ort gebracht was beweist, daß die Menschen dort sehr gute regionale soziale Netzwerke hatten und Gegenstände über beträchtliche Entfernungen hinweg austauschten."
Wie noch Jahrtausende lang später während der Vollseßhaftigkeit (bis etwa 6.000 v. Ztr.) in dieser Region stellte wahrscheinlich die Jagd auf Gazellenherden die Hauptsubsistenzgrundlage dar:
Gazellen machen bis zu 90 % der Tierfunde in Khanareh IV aus und die Forscher glauben, daß jene Gazellen, die die Wasserlöcher im Talboden aufgesucht haben, der ursprüngliche Anziehungspunkt für die Jäger-Sammler waren.
In der neuen Studie (1) wird aber auch auf deutliche Unterschiede zwischen Kebaran und Natufium hingewiesen:
Archaeologists have tended to contrast the flimsy, ephemeral, short-term dwellings of the Early and Middle Epipalaeolithic
(also des Kebaran)
with the more durable, long-lived and solidly-built constructions of the (Early) Natufian. This is further exemplified by reference to earlier Epipalaeolithic structures as ‘huts’ and later Natufian and early Neolithic structures as ‘houses/homes’. However, that supposedly more ‘solid’ constructions do not imply more permanent occupation or long-term use has not gone unnoticed by researchers. The apparent contrast between earlier Epipalaeolithic and Natufian structures is further highlighted by an increasing emphasis on the non-domestic, ritual use of structures during the Natufian and the Pre-Pottery Neolithic A, and lack of evidence for (but acknowledgement of the possibility of) these ‘special’ uses in earlier phase.
Also die Wohnstrukturen des Natufium sind die Archäologen eher geneigt, als Häuser anzusprechen, als jene des Kebaran, die eher nur "Hütten" gewesen zu sein scheinen, wenn auch die Dauer der Benutzung bei beiden ähnlich gewesen sein mag. Außerdem gibt es im Natufium bisher noch deutlichere Hinweise auf nichthäusliche, rituelle (sprich religiöse) Betätigung - sprich in letzter Instanz Tempel - als im Kebaran. (Sprich: Die Götter des Kebaran bleiben - zumindest den Archäologen bisher - unsichtbar.) Die gejagten Gazellen lebten das ganze Jahr über in der unmittelbaren Nähe der Oase, sie unternahmen also keine Wanderzüge (9). Sie wurden auch nicht nur im Frühling, sondern auch in anderen Jahrezeiten gejagt (9). Das sind Hinweise darauf, daß der Reichtum an Gazellen eine vergleichsweise seßhafte Lebensweise ermöglicht haben könnte. - Wie sieht es diesbezüglich bei den vergleichbaren Buschleuten in der Kalahari diesbezüglich aus (Wiki):
Die Siedlungsstellen unterscheiden sich in ihrer Dauerhaftigkeit von nächtlichem Regenschutz im warmen Frühling (wenn die Menschen regelmäßiger unterwegs sind auf der Suche nach knospenden Grünpflanzen) bis hin zu formalisierten Ringen, zu denen sich Menschen in der trockenen Jahreszeit um Wasserlöcher sammeln, die das ganze Jahr über nicht austrocknen.
- Original: Villages range in sturdiness from nightly rain shelters in the warm spring (when people move constantly in search of budding greens), to formalised rings, wherein people congregate in the dry season around permanent waterholes.

Daß eine Lokalgruppe, bzw. "Horde" (engl. "camp") mit 30 bis 60 Menschen (10 bis 15 Familien) bei den Buschleuten zeitweise gemeinsame Siedlungsstellen haben, ist gut bezeugt (6, S. 9). Um die Siedlungsgröße von Khanareh IV zu erreichen, müssen wohl zehn oder mehr solcher Lokalgruppen ("Horden") zusammen siedeln. Es wäre noch zu klären, ob so etwas bei den Buschleuten vorkommt oder bei vergleichbaren Wüstenvölkern (etwa den Tuareg). Natürlich mag man mutmaßen, daß bloßes Zusammensiedeln aufgrund von Wildreichtum noch nicht zwangsläufig größere soziale Komplexität mit sich bringen muß. Wobei dieses Zusammensiedeln ja womöglich auch wieder aufgegeben wurde nach dem Ende dieser in dieser Region klimatisch günstigen Jahrtausende.

... - Und: Was war der Brennstoff?

Es wäre noch zu klären, ob die ungewöhnliche Siedlungsgröße von 21.000 Quadratmetern (2,1 Hektar), die während der gut erforschten 3.000 Jahre Natufium nie erreicht wurde (nur bis 0,5 Hektar), auch schon gelegentlich in der Kalahari erreicht wird oder in vergleichbaren Wüstenregionen (etwa von den Tuareg, wenn sie sich sammeln). Und es wird spannend sein zu erfahren, ob eine solche Siedlungsgröße ein einmaliges Auftreten darstellt oder in jener Zeit häufiger in dieser Region vorkam und nur bis heute noch nicht entdeckt wurde.

2017 - Auch Nachweise auf ähnlich frühes Ernten von wildem Getreide finden sich ..... 

Ergänzung 30.10.2017: Neuerdings zeigen ancient-DNA-Studien an Pflanzenresten aus dem Vorderen Orient und aus Ostasien (7, 8) auf, daß jene Gene, die für das Ernten von wildem Getreide oder Reis zwangsläufig durch Menschen selektiert werden an diesen Pflanzen, ebenfalls schon mehrere zehntausend Jahre früher selektiert worden sein können als bislang gedacht. Es handelt sich um Gene, die dafür sorgen, daß die Getreide- oder Reiskörner in den Ähren haften bleiben und sich nicht von selbst zerstreuen. Die ancient-DNA-Studien bestätigen zunächst, daß in der bisher bekannten Domestikationsphase dieser Pflanzen die Selektionsrate dieser Gene vergleichsweise hoch war. Zugleich aber stießen die Studien darauf, daß die Selektionsrate zum Teil schon mehrere zehntausend Jahre vorher über einer natürlichen Selektionsrate diesbezüglich lagen.

Wildes Getreide gilt bei vielen Völkern, die normalen Ackerbau nicht kennen, als Hungerpflanze, deren Samen nur in größten Notzeiten gesammelt wurde. Die neuen Forschungsergebnisse würden aber nun zeigen, daß das Ernten von wildem Getreide über die Jahrtausende hin doch einen einigermaßen regelmäßigen Bestandteil der Nahrungsversorgung jener Völker bildete, deren Siedlungsdichte - nach den bisherigen archäologischen Zeugnissen - in der Regel nicht höher war als die der heutigen Buschleute in der Kalahari in Südafrika.

Und übrigens: Wenn Getreidegene schon so früh selektiert wurden, warum sollte das dann für Gehirngene des Menschen (in der von ihm betriebenen Selbstdomestikation) nicht ebenfalls gelten?



/Letzte Überarbeitung,
unter anderem anhand von (9):
7.12.2017/

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  1. Maher, L., Richter, T., Macdonald, D., Jones, M., Martin, L., & Stock, J. (2012). Twenty Thousand-Year-Old Huts at a Hunter-Gatherer Settlement in Eastern Jordan PLoS ONE, 7 (2) DOI: 10.1371/journal.pone.0031447 
  2. Maher LA, Richter T, Stock JT (2012): The Pre-Natufian Epipaleolithic: Long-Term Behavioral Trends in the Levant. In: Evolutionary Anthropology 21: 69 - 81
  3. Michael Balter: New Light on Revolutions That Weren't. In: Science 4 May 2012: Vol. 336 no. 6081 pp. 530-531 DOI: 10.1126/science.336.6081.530
  4. Lewin, Roger: Spuren der Menschwerdung. Die Evolution des Homo sapiens. Heidelberg 1992
  5. Molleson, T.: Die beredten Skelette von Tell Abu Hureyra. In: Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1994, S. 98 - 103
  6. Bading, Ingo: Die Neolithische Revolution im Vorderen Orient 12.000 bis 6.000 v. Ztr.. (Eigentlicher Titel: Populationsstrukturen und Transitions-Vorgänge im Levanteraum vom Epi-Paläolithikum bis zum PPNB.) Seminararbeit für den Anthropologischen Kurs II (Populationsstrukturen) von PD Dr. Winfried Henke, Universität Mainz, SS 1995, http://independent.academia.edu/IngoBading/Papers/1599513/Die_Neolithische_Revolution_im_Vorderen_Orient_12.000_-_6.000_v._Ztr._
  7. Crops evolved 10 millennia earlier than thought October 23, 2017, https://phys.org/news/2017-10-crops-evolved-millennia-earlier-thought.html
  8. Geographic mosaics and changing rates of cereal domestication Robin G. Allaby, Chris Stevens, Leilani Lucas, Osamu Maeda, Dorian Q. Fuller Published 23 October 2017.DOI: 10.1098/rstb.2016.0429, http://rstb.royalsocietypublishing.org/content/372/1735/20160429
  9. Elizabeth Hentona, Louise Martina, Andrew Garrarda, Anne-Lise Jourdan, Matthew Thirlwallc, Oliver Boles: Reports Gazelle seasonal mobility in the Jordanian steppe: The use of dental isotopes and microwear as environmental markers, applied to Epipalaeolithic Kharaneh IV. In: Journal of Archaeological Science: Reports Volume 11, February 2017, Pages 147-158, http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2352409X16306903

Freitag, 4. Mai 2012

Der Genetiker James Crow (1916 - 2012) gestorben

Wer sich in den letzten Jahren intensiver und in aller Breite mit der Genetik von angeborenen Begabungs- und Neigungsunterschieden zwischen Rassen und Völkern beschäftigt hat, sowie mit ihrem evolutionären Entstehen (vgl. unser Buchprojekt), ist irgendwann auch auf den nicht unbedeutenden amerikanischen Populationsgenetiker James Crow (1916 - 2012) gestoßen (etwa: 1, 2). Bei diesem Anlaß konnte man überhaupt feststellen, daß fast alle bedeutenderen Genetiker der letzten Jahrzehnte schon sehr früh zu diesen Fragen Stellung genommen hatten, ohne daß ihre sonst vorhandene Autorität so weit gegangen wäre, hierbei Einfluß auf die Ansichten der Mehrheit der studierten Biologen, geschweige der öffentlichen Meinung überhaupt zu nehmen. In Fragen von politischer Relevanz scheint für viele Akademiker dann wissenschaftliche Autorität doch allein nicht ausschlaggebend zu sein.

Der Genetiker James Crow mit Viola
Nun ist James Crow im Januar dieses Jahres in dem gesegneten Alter von 95 Jahren gestorben. Und erst aus diesem Anlaß heraus erfährt man in Nachrufen, insbesondere von Seiten seiner Schüler (3) von den außerordentlich zahlreichen liebenswürdigen, ja, begeisternden Eigenschaften des Menschen,  akademischen Lehrers, Doktorvaters, Forschers und Wissenschaftsorganisators James Crow.

Diese Nachrufe kann man jedem Leser nur empfehlen, selbst nachzulesen (inbesondere: 3). (Übrigens scheint unser Blogartikel der erste deutschsprachige Artikel aus Anlaß des Todes von James Crow zu sein.) Einen solchen Nachruf (3) zu lesen ist - wie so oft bei bedeutenderen Wissenschaftlern - schon allein vom menschlichen Standpunkt aus gesehen rundum eine Bereicherung.

So scheint es zum Beispiel - wie recht häufig - auch bei James Crow die klassische Musik gewesen zu sein, die einen bedeutenden emotionalen Ausgleich geschaffen hat zum abstrakt-intellektuellen Arbeitsalltag seines Fachgebietes (siehe Foto). Und es sollte vielleicht auch nicht unerwähnt bleiben, daß die gewiß nicht unbedeutende Schule der japanischen Populationsgenetik seit Motoo Kimura im Wesentlichen auf James Crow zurückzugehen scheint (3). Ebenso ist zu erwähnen, daß sich James Crow früh für die Erforschung der genetischen Schäden eingesetzt hat, die von der Nutzung der Energie durch Atomkernspaltung ausgehen. Und auch für die Nutzung der Genetik in der Kriminologie hat er sich früh eingesetzt.

James Crow in der IQ-Debatte seit 1969

Doch im Rahmen eines der Schwerpunktthemen dieses Blogs sei hier nur noch festgehalten, welche Erfahrungen James Crow schon 1969 im Zusammenhang mit der damaligen IQ-Debatte rund um Arthur Jensen machte, dessen intellektuelle Ehrlichkeit Crow vollumfänglich anerkannte, so wie die Forschungen von Jensen heute auch etwa vom dem IQ-Forscher Detlev Rost vollumfänglich anerkannt sind:
... The only time Crow’s steady diplomacy seemed insufficient was when he was asked to comment on a 1969 article by Arthur Jensen on the race and IQ controversy. Jensen had been heavily criticized for his view that much of the variability in IQ was genetic. Crow wrote that he did not agree with many of Jensen’s conclusions, but thought that Jensen was intellectually honest and that his quantitative methodology was sound. In those days, there was a common misconception that any non-zero heritability of IQ implied that racial differences were heritable. Crow understood that this was not the case
(- ?)
and tried to explain it in a way that would be transparent to nonscientists. It wasn’t enough. In the highly charged climate of the day, Crow found his classroom picketed, and placards abusing his name ‘Jim Crow’ were posted outside the lecture hall. Crow must have known the effect his words would have, but he expressed his views with courage and honesty. Outwardly, at least, he handled the student protests with his usual good-humored aplomb until it  blew over after a few weeks. If there  was a silver lining to this episode,  it was that all of us who knew Crow  were left with a deeper understanding  of the meaning of intellectual integrity.
Obwohl Crow also die zurückhaltendste Interpretation von Intelligenz-Unterschieden zwischen Rassen anbot, die überhaupt nur möglich war  (- das eingefügte Fragezeichen soll die Frage andeuten, ob das hier eigentlich von seinem Schüler wirklich richtig wiedergegeben worden ist) und obwohl er ein außerordentlich konzilianter, beliebter akademischer Lehrer war, konnte ihn das alles dennoch nicht davor bewahren, in den Feuersturm der damaligen IQ-Debatte hineinzugeraten. Das ist sicherlich ein gutes Anzeichen für die Aufgeheiztheit der Stimmung im Jahr 1969. Deren Nachwirkungen sind oft heute noch zu spüren, zumindest in der älteren Generation der heute noch lebenden und wirkenden Wissenschaftler.

Doch seit den Büchern von Detlev Rost, Thilo Sarrazin - neuerdings wieder Dieter E. Zimmer -, sowie den breiten wissenschaftlichen Entwicklungen seit der vollständigen Entzifferung des menschlichen Genoms und der daraus folgenden Erkenntnisse hat sich daran doch einiges geändert.

Wann aber endlich einmal im Gegenteil ein Feuersturm über die wissenschaftlichen Ignoranten hinwegstürmt, was diese Themen betrifft, vor dieser Frage steht man wie vor einem großen Rätsel: Die Wissenschafts- und Weltgeschichte läßt sich schlicht nicht in die Karten gucken.

______________
1. Crow, James F: Unequal by Nature: A Genetist's Perspective on Human Differences. In: Daedalus, Winter 2002, S. 81 - 88
2. Khan, Razib: Group selection in humans? (25.6.2006) – 10 questions for Jim Crow, 26.6.2006, auf: gnxp.com
3. Engels, William R.: Obituary James Franklin Crow (1916 - 2012). In: Current Biology, 10 April, 2012 Volume 22, Issue 7 (pdf)
4. Hawks, John: James F. Crow 1916 - 2012. JohnHawks.net, 4.1.2012
5. Stockinger, Jacob: James Crow - famed geneticist, devoted viola player and classical music fan and philanthropist - dies at 95 in Madison. The Well-Tempered Ear, 6.1.2012
6. Seymour Abrahamson: James F. Crow - His Life in Public Service. In: Genetics, January 2012 190:1-4; doi:10.1534/genetics.111.135186
7. Wade, Nicolas: James F. Crow, Population Genetics Pioneer, Dies at 95. New York Times, 10.2.2012

Donnerstag, 3. Mai 2012

Die Christianisierung Englands

Und die Jahrhunderte hindurch fortbestehende Sehnsucht der Angelsachsen, zu ihren germanischen Ursprüngen zurück zu kehren

Eine Rezension in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "History" (1) macht auf eine Neuerscheinung zur Geschichte und Archäologie der Christianisierung Englands aufmerksam (2) und damit überhaupt auf dieses Thema.

Das folgende ist zunächst vorwiegend nach den verlinkten Wikipedia-Artikeln erarbeitet. 

Es waren rechte Haudegen, unsere Verwandten, die in der Völkerwanderungszeit ab 450 n. Ztr. von Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus nach England übersetzten und dort als "Angelsachsen" das Land beherrschten - so wie zu gleicher Zeit die Alemannen aus der Elberegion nach Süddeutschland wanderten.

450 n. Ztr. - Völker wirbeln durcheinander

Ostanglien war eine der ersten Gegenden Englands, die unsere Verwandten 450 n. Ztr. eroberten und besiedelten, und wo das Königsgeschlecht der Wuffinger (Wiki) sein Königreich Ostanglien (Wiki, engl) begründete. Hier zuerst wurde die englische Sprache gesprochen. Der Name "Wuffinger" leitet sich her von Wolf. Dieses Fürstengeschlecht sah sich also als Nachkommen der Wölfe an. Sie gründeten in Ostengland ein Königreich so wie unsere Verwandten, die Wandalen, ihr Königreich in Afrika gründeten, die Goten ihre Königreiche auf dem Balkan, in Italien und Spanien, die Langobarden ihr Königreich in Norditalien, die Bajuwaren und Alemannen ihre Königreiche in Süddeutschland, der Schweiz und im Elsaß, die Franken in Frankreich, die Thüringer in Thüringen.

"Windzeit ist's, Wolfszeit, nicht ein Mann wird des anderen schonen", sangen damals die Seherinnen in ihren "Gesichten" (vgl. die Völuspa [Wiki]).

Alle diese Völker wurden nach und nach zu Christen. Im Süden wurden sie es schneller, im Norden hingen sie oft viel länger am angestammten heidnischen Glauben und ihren heidnischen Göttern. Im Stammland der Sachsen und Angeln auf dem Kontinent in Norddeutschland übrigens noch mindestens hundert Jahre länger als in England. Und wie die meisten germanischen Königsgeschlechter führten auch die Wuffinger ihre Herkunft auf eine heidnische Gottheit zurück, nämlich auf den Gott Wotan.

597 n. Ztr. beginnt die offizielle Christianisierung Englands

Als der Missionar, als der "Apostel" Englands gilt der  Erzbischof Augustinus von Canterbury (gestorben 604) (Wiki). Er hatte diesselbe Rolle inne wie einhundert Jahre der Engländer Bonifatius als der "Apostel der Deutschen". 597 wurde Augustinus von Canterbury von Papst Gregor I. zu Æthelberht, dem König von Kent im südlichen England, gesandt. Erzbischöfe, Apostel und "Heilige" konnten damals noch ganz regulär verheiratet sein. 

Augustinus war mit einer Tochter des Merowingerkönigs verheiratet. Thron und Altar reichten sich damals auf diese Weise die Hand. Auch Æthelberhts Frau war Christin und förderte die Christianisierung ihres Landes.

Eine Personifizierung des Umbruchs - König Raedwald von Sutton Hoo

Helm des Raedwald, Sutton Hoo (W)

Diese Jahrhunderte waren sehr kriegerisch. Noch zweihundert Jahre später fielen immer wieder die Dänen und Wikinger in England ein. Sie beherrschten zeitweise auch Ostanglien. Die englischen Königreiche innerhalb Englands bekriegten sich auch untereinander. In dem berühmten Schiffsgrab von Sutton Hoo (etwa 625 n. Ztr.) (Wiki), ließ sich der ostanglische König Raedwald (539-625) (Wiki, engl) gemäß einer nicht einheimischen Sitte, sondern gemäß der Sitte der Wikinger bestatten:

Zu Beginn seiner Herrschaft stand Rædwald unter der Oberherrschaft des Bretwalda Æthelberht von Kent. Æthelbert drängte Rædwald, den christlichen Glauben anzunehmen. Beda Venerabilis (ein mittelalterlicher Chronikschreiber) sagt Rædwald nach, er habe sich um 604 in Kent der Taufe unterzogen und die Gottesdienste besucht, zugleich aber weiter seinen alten Göttern gedient. In seinem Tempel sollen zwei Altäre, einer für den christlichen und einer für die heidnischen Götter gestanden haben.

Ein Haudegen also, dieser Raedwald.

Nach der Christianisierung ist der Ort seines Grabes - laut der archäologischen Befunde - als Hinrichtungsstätte (!) genutzt worden. Der Ort war aus christlicher Sicht also ein verrufener Ort geworden, ein Ort des Teufels. Die typische "Umwertung aller Werte". König Raedwald wird von seinen Nachfahren als "unverbesserlicher Heide", als Sohn des Teufels angesehen worden sein.

Sein christlich gewordener Sohn wurde von einem Heiden erschlagen.

Erst der darauffolgende König Sigebert, ein Stiefsohn König Raedewalds, leitete die Christianisierung Ostangliens ein. Er holte dazu den Missionar Felix als ersten Bischof nach Dunwich. Und um 700 n. Ztr. war England und Ostanglien christlich. Der Christianisierung hatten die Engländer hundert Jahre Widerstand entgegen gesetzt. Noch einmal hundert Jahre später erst ist die Zwangschristianisierung bei den stammverwandten Sachsen auf dem Festland eingeleitet worden durch den Frankenkönig Karl, genannt "den Großen".

Dies sind die Zeiten und historischen Vorgänge, von denen auch die neue Buchveröffentlichung handelt (1, 2). Sie untersucht vor allem die Ruinen der römischen Kastelle und Wallanlagen und geht Hinweisen nach, daß in diesen christliche Missionsstationen, sprich Kirchen errichtet wurden. Die Ausbreitung des Christentums ist dann im archäologischen Befund vor allem sichtbar:

  1. in dem Rückgang der Leichenverbrennungen und 
  2. in dem räumlichen Heranrücken der Friedhöfe an die Siedlungen. 

Das heißt, die Heiden brauchten mehr "Raum" um sich, sie wollten weitere Wege vor sich haben, um die Gräber ihrer Vorfahren zu besuchen. Die Ausbreitung des Christentums ist weiterhin sichtbar an Kreuzeszeichen auf Grabbeigaben. All dies findet sich in ähnlicher Weise auch zeitgleich bei den Alemannen und den Franken.

865 n. Ztr. - Die "Große Heidnische Armee" kommt nach England

Noch 150 Jahre später - 865 n. Ztr. - wurde Ostanglien durch die zeitgenössisch so genannte "Große Heidnische Armee" (Wiki) der dänischen Wikinger erobert. Es war dies eine Armee, die, fahrend auf hunderten von Schiffen, zuvor schon bis Paris vorgedrungen war. Ein großer Teil der christlichen Strukturen gingen in Ostanglien durch sie wieder verloren. 

Eine verrückte, aufgewühlte - und aufwühlende - Zeit. 

Leopold von Ranke schreibt in seiner "Englischen Geschichte" darüber:

Alles war in einer allerdings noch unvollendeten, aber hoffnungsreichen Bildung, in den Agonien des Werdens begriffen, als der Staat von einer neu emporkommenden Weltmacht in seinem Dasein bedroht wurde.
Denn so dürfte man die Einwirkung wohl bezeichnen, welche der skandinavische Norden über das östliche kontinentale Europa und zugleich seegewaltig über alle Küsten des westlichen ausübte.
Nur ein Teil der germanischen Völker war von den Ideen des Reichs oder der Kirche ergriffen worden: in den anderen erhob sich das eingeborene Heidentum, von den Verlusten, die es erlitten, und den Gefahren, die es fortwährend bedrohten, gereizt, zu dem gewaltsamsten Anlauf, den die gebildete Welt jemals von heldenmütigen und barbarischen Kindern der Natur bestanden hat.
Es ist nicht auszusprechen, welches Unheil sie seit der Mitte des 9. Jahrhunderts über Britannien gebracht haben.

/ Ergänzung 23.9.2022 / Etwas Erstaunliches geschah in den nächsten hundert Jahren. Die christianisierten Engländer entwickelten eine ....

"Sehnsucht, zu den germanischen Ursprüngen zurück zu kehren"

So beschreibt es eine im Mai 2022 erschienene Doktorarbeit von Amanda N. Boeing als auf Seiten der Angelsachsen vorliegend, die ab Ende des 10. Jahrhunderts gegen die in England eingedrungenen Wikinger kämpften (4).

Konnte etwas Derartiges noch vierhundert Jahre nach Beginn der Christianisierung in England, dreihundert Jahre, nachdem es sich weitgehend vollständig durchgesetzt hatte, möglich sein in England? An diese Frage mögen wir uns womöglich durch folgende Überlegung annähern:

Die Beliebtheit der Nibelungensage im Hochmittelalter in Deutschland macht deutlich, daß sich auch die Deutschen noch über Jahrhunderte hinweg ihre Sympathien für ihre heidnischen Vorfahren, ihre edelmütige Liebe und ihre Heldentaten, ihre Treue bis in den Tod, erhalten hatten. Sie formten den Inhalt der Sagen zwar kräftig nach den Anschauungen und Lebensgewohnheiten und ihres christlich gewordenen Zeitalters um.

Aber auch noch in manchen Versionen der Nibelungensage reist König Gunther von Worms aus den Rhein hinab bis zur düsteren Insel Island, um dort die noch sehr heidnisch anmutende Brünhilde zu freien. Das rohe Messen der Körperkräfte mit einer Königin paßte - man merkt es der hochmittelalterlichen Sage deutlich an - überhaupt nicht mehr in das Denken der Zeit. Dennoch hat es sich in der Sage gehalten.

Und so ähnlich um 1000 herum womöglich auch bei den Angelsachsen. Die christianisierten Angelsachsen sahen in den Wikingern eine Verkörperung von heldischen Idealen, die ihre eigenen waren, bevor sie christianisiert worden waren. Die Doktorarbeit (4) vertritt die These, daß es bei den Angelsachsen durch das Eindringen der Wikinger in England zu einer Wiederbelebung der heidnisch-germanischen Kriegerideale gekommen ist.

991 n. Ztr. - Schlacht bei Maldon

Die Wikingereinfälle begannen unter König Æthelred von England (969-1016) (Wiki). Nach verlorenen Schlachten, insbesondere nach der Niederlage in der Schlacht bei Maldon (Wiki) im Jahr 991 mußten die Angelsachsen in den folgenden Jahrzehnten hohe Tributzahlungen an die Wikinger zahlen, das sogenannte "Danegeld".

Amanda N. Boeing nimmt unter anderem Bezug auf wiederkehrende Themen in der altenglischen Dichtung, zum Beispiel die "Beasts of battle" (Wiki). Das waren: der Wolf, der Rabe und der Adler, die Krieger in die Schlacht begleiteten und sich von den Leichen der erschlagenen Krieger ernährten. In der heidnischen Sagenwelt finden sie sich unter anderem in "Odins Tieren" wieder (4, S. 107f):

..... Zwar mögen die Engländer das Christentum lange vor ihren skandinavischen Gegnern angenommen haben - in vielerlei Weise hatten sie sich die germanischen Werte in ihren heroischen Idealen, ihren Gefolgschaftsverhältnissen und in bestimmten Archaetypen des Geschichtenerzählens, die ihre Weltsicht beeinflußten, aber erhalten (z.B. Tiere als Begleiter in Schlachten, der heldische Jesus usw.). ... Diese alten Werte waren von Generation zu Generation weiter gegeben worden.
Der interessanteste Fall dafür aus der angelsächsischen Literatur ist "Die Schlacht von Maldon", eine Dichtung, die die historische Schlacht von Maldon beschreibt, die 991 stattfand, fast hundert Jahre nach dem ersten Auftreten von Skandinaviern in England. ... Sie (die Skandinavier) hatten den Vorteil, daß sie ihre traditionelle Religion bis etwa in das 10. Jahrhundert hinein praktizierten .... Die Angelasachsen könnten die skandinavischen Eindringlinge als idealsierte Versionen ihrer selbst angesehen haben.  ..... Nach Jahrhunderten, in denen die Angelsachsen eine vergleichsweise pazifistische Religion praktiziert hatten, ähnelte ihr tägliches Leben nicht mehr dem von furchtlosen, tapferen Kriegern.

...

As demonstrated by the Anglo-Saxons’ stylistic choices in their literature, both secular and religious, the English may have adopted Christianity before their Scandinavian counterparts but in many ways, they still retained many Germanic values in their heroic ideals, lord-retainer relationships, and certain archetypes of storytelling that shaped their worldview (e.g., the beasts of battle, a heroic Jesus, etc.). These elements, especially more material ones such as the lord-retainer relationship and gift-giving, could be seen in Tacitus’ and Julius Caesar’s descriptions of the Ancient Germans, leading me to think that despite hundreds of years of relative isolation from the continent and conversion to Christianity, these old values were passed down without fail throughout the generations.
The most interesting case of Anglo-Saxon literature was The Battle of Maldon, a poem depicting the historical battle in Essex that took place in 991, almost one hundred fifty years after the arrival of the Scandinavians. Anglo-Saxon society was well-acquainted by that point with Scandinavian society, one that still practiced and idealized many of the old Germanic values. The depiction of Byrhtnoth, then makes the poem so interesting, as the way the poet decided to memorialize a real man was in the archetype of the Germanic hero. The poet was explicitly quite hateful to the Scandinavians as they were the opposing side in the battle, but it is quite interesting to see how they still wrote Byrhtnoth as if he was a Scandinavian man. Of course, the Norsemen themselves were not perfectly preserved times capsules of Germanic society, however, they had the advantage of practicing their traditional religion until around the tenth century, when Christianity began to arrive in Scandinavia. This can be clearly seen in the Frankish, Irish, and English annals as well as inferred from the remains of skaldic poetry. What is most significant is how it is possible the Anglo-Saxons would have seen the Scandinavian invaders as the idealized versions of themselves. The Anglo-Saxon histories were aware that they arrived in Britain by way of Hengist and Horsa, Germanic mercenaries who served as the catalysts of the Anglo-Saxon invasions of the predominantly Celtic isles at that time. However, after centuries of following a comparatively pacifist religion, their daily lives no longer looked like that of fearsome, ambitious warriors
The Great Army was depicted by the English scholars as notoriously tricky, and it took years before an English power became strong enough to finally subdue them. An Anglo-Saxon of the time would have had to face their fearsome strength and complete lack of respect for the sanctity of treaties sworn on Christian relics, but at the same time, they fulfilled the romanticized role of a Germanic warrior, one the Anglo-Saxons would have liked to have claimed for themselves. While the Anglo-Saxon did not feel compelled to die a heroic death as their God provided an alternative for salvation, the Scandinavian could only claim a seat in paradise by death on the battlefield. Their motivation for battle fulfilled the idealized battle-deaths the Anglo-Saxons wrote of in their heroic poetry and their blasé attitudes towards peace was something an Anglo-Saxon would have to justify within their religion. In other words, the Scandinavian warrior represented the ideal version of the Anglo-Saxon, without having to make justifications as serving a pacifist God. 

In der Zusammenfassung der Arbeit heißt es dann (4):

Das Eindringen der Wikinger und ihre nachfolgenden Ansiedlung in England im neunten, zehnten und elften Jahrhundert brachte bedeutsame kulturelle und sprachliche Auswirkungen mit sich, die in den christianisierten Angelsachsen eine Sehnsucht entzündeten, zu ihren germanischen Ursprüngen zurück zu kehren. Und zwar sowohl noch während des Krieges mit ihnen wie in der nachfolgenden Zeit ihrer Ansiedlung und des "Danelaws". ... Nostalgie in der angelsächsischen kulturellen Elite in Bezug auf ein germanisches Goldenes Zeitalter ....
The Viking invasion and subsequent settlement of England in the ninth, tenth, and eleventh centuries brought about significant cultural and linguistic effects that rekindled in the Christianized Anglo-Saxons a desire to return to their Germanic origins, both while at war with the Scandinavians and in the subsequent colonization of the Danelaw. This paper argues that the arrival of the Scandinavians sparked nostalgia for a Germanic golden age in the Anglo-Saxon cultural elite and explains why they were so receptive in adopting multiple aspects of their invaders’ culture. Through investigations of Anglo-Saxon literature, various accounts of Scandinavian activity, archeological finds, and linguistic analysis, it is evident that the Scandinavians initiated significant cultural and linguistic changes on their Anglo-Saxon neighbors. An analysis of Anglo-Saxon heroic and religious poetry demonstrates that stylistic elements and characteristics typically considered Germanic in origin are common and even emphasized in a theme or character when no such trait existed in the source material (e.g., the Book of Judith). Archeological finds also indicate the Anglo-Saxons of the Danelaw and other parts of England intentionally emulated the Scandinavian style. More importantly, the language itself was receptive to many common loan words from Old Norse (e.g., sister, egg) as well as pronoun and form word shifts (e.g., they, them) that indicate close contact, familiarity, and prestige value placed on the settlers’ language. Based on accounts of Scandinavian activity at the time, the Vikings displayed many of the idealized traits of the Germanic hero so heavily featured in Anglo-Saxon literature and likely would have been the object of English admiration. Due to the nature of the evidence, an explanation of the eagerness that the Anglo-Saxons displayed regarding the adoption of traditionally Scandinavian cultural and linguistic markers represents a resurgence of Germanic values and a desire to return to a perceived golden age in Anglo-Saxon history

Ihre eigene pazifistische Religion hatte die Angelsachsen aus ihrer früheren kulturellen Verwurzelung aus der Welt ihrer heidnischen Werte und Normen heraus gelöst.

Mit solchen Ausführungen bekommt man an ein immer größeres Interesse für die englische Geschichte.

/ Ergänzt 23.9.2022;
Entwurf der Ergänzung: 
12.7.2022 /

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  1. Pickles, Thomas: The Archaeology of the East Anglian Conversion – By Richard Hoggett. Rezension in: History, 97: 296–297. doi: 10.1111/j.1468-229X.2012.00554_5.x
  2. Hoggett, Richard: The Archaeology of the East Anglian Conversion. Boydell, 2010 [Anglo-Saxon Studies 15] (G-Bücher) 
  3. Ranke, Leopold von: Englische Geschichte, vornehmlich im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert (erschienen 1859 bis 1869)
  4. Boeing, Amanda N., "Vikings, Anglo-Saxons, and England: The Germanic revival of the 9th, 10th, and 11th centuries" (2022). Chancellor’s Honors Program Projects. https://trace.tennessee.edu/utk_chanhonoproj/2475

Montag, 30. April 2012

Schlachtfeldarchäologie - eine junge Disziplin

"Seit einigen Jahren befindet sich die vergleichsweise junge Disziplin der Schlachtfeldarchäologie auch in Deutschland im Aufwind. Ausschlaggebend dafür sind die Untersuchungen mehrerer archäologischer und historischer Schlachtfelder, von denen diejenigen im Tollense-Tal, bei Kalkriese, am Harzhorn und in Lützen hier stellvertretend genannt seien."
So heißt es auf der Internetseite des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg, das derzeit im Paulinerkloster der Stadt Brandenburg eine Ausstellung zu diesem Thema anbietet (1636.de). Im Zusammenhang mit dieser Ausstellung fand im November 2011 auch eine internationale wissenschaftliche Tagung zur Schlachtfeldarchäologie statt. Auf 42 Seiten sind die Kurzfassungen der vielen dort gehaltenen Vorträge zugänglich (pdf) - eine Fundgrube, um sich einen Überblick über die wirklich vielfältigen gegenwärtigen Forschungen auf dem Gebiet der "Schlachtfeldarchäologie" zu verschaffen. Von Estland, Schottland und Irland bis Wien waren Forscher angereist, um von ihren örtlichen Forschungen zu berichten. Welche Fülle an Themen, an Zeitepochen und Schlacht- und Gräberorten ist da angesprochen worden!

AiD, Heft 1/2009
Nicht nur hat sich die immer wieder begeisternde Zeitschrift "Archäologie in Deutschland" schon im Jahr 2009 dieses Themas angenommen (siehe links), auch auf der Wikipedia-Seite zu dieser jungen Disziplin findet man gegenwärtig schon viele erforschte Schlachtfelder aufgelistet. Von diesen haben wir auch schon hier auf dem Blog viele in eigenen Beiträgen zumeist - schon kurz nach ihrer Entdeckung behandelt und gerade unter dem neuen Schlagwort "Schlachtfeldarchäologie" verschlagwortet. Im folgenden soll eine ganz willkürliche Auswahl von spannenden derzeit erforschten Schlachten und Massengräbern gegeben werden:
4.900 v. Ztr. Massengräber aus der Endzeit der Bandkeramik (der ersten Bauernkultur Europas)
1250 v. Ztr. Schlacht im Tollense-Tal (in Mecklenburg)
1180 v. Ztr. Schlacht im Nil-Delta (Wandreliefs in Medinet Habu in Theben/Ägypten a.d.J. 1176 v. Ztr.) (vgl. Wiki, Studgen)
490 v. Ztr. Schlacht bei Marathon, Griechenland
9 n. Ztr. Schlacht im Teutoburger Wald (Varusschlacht bei Kalkriese)
900 n. Ztr. Massengrab von erschlagenen Wikingern in Wymoth (Südengland) (Studgenpol)
1814 Massengrab eines Militärlazaretts in Kassel (Studgenpdf, S. 27f) 
1945/46 Massengrab auf der Marienburg in Westpreußen
Auf das Massengrab Deutscher auf der Marienburg aus dem Jahr 1945 (oder später) sei in diesem Zusammenhang auch deshalb hingewiesen, weil diese Opferkategorie "deutsche Vertriebene" gegenwärtig noch zu einem der größten Tabu-Gegenstände der wissenschaftlichen Forschung zu zählen scheint. Obwohl diese Opferkategorie sehr umfangreich ist (2,5 Millionen). In den Grenzen des heutigen Tschechien sind viele Massengräber bekannt, im heutigen polnischen Machtbereich werden viele vermutet, ebenso auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Bezeichnenderweise ist das Massengrab auf der Marienburg nicht wissenschaftlich oder kriminologisch erforscht und ausgewertet worden, weil man glaubte, es könne die "gutnachbarlichen" Beziehungen zwischen dem heutigen Polen und dem heutigen Deutschland gefährden. Eine Überlegung, die einem humanen Europa nicht angemessen ist.

(Dem Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge wurden diese menschlichen Überreste "in aller Stille" anvertraut, obwohl sein Arbeitsschwerpunkt die Anlage und die Pflege von Soldatengräbern ist, nicht das Gedenken an Massenverbrechen.)

- - - Spannend unter den oben genannten Tagungs-Zusammenfassungen sind etwa auch der Bericht von André Schürger über die derzeitigen Forschungen auf dem Schlachtfeld von Lützen (1632), in der König Gustav Adolf von Schweden gefallen ist: Auf dem Schlachtfeld verteilte Bleikugeln konnten verschiedenen Waffen zugeordnet und so zumindest Ausschnitte der Schlacht rekonstruiert werden (S. 13). Spannend ebenfalls etwa die Forschungsergebnisse zum Massengrab in Kassel aus dem Jahr 1814 (S. 27f), mit dem wir uns hier auf dem Blog auch schon beschäftigt hatten: Genetisch weisen die Skelette die höchste Ähnlichkeit mit den Menschen in den heutigen Beneluxländern auf, was in der Tat die Vermutung bestätigt, daß es sich um Angehörige der in Rußland geschlagenen "Großen Armee" Napoleons gehandelt hat.

Der Maler Ludwig Richter gibt in seinen hier auf dem Blog schon behandelten Lebenserinnerungen auch einen anschaulichen Bericht davon, wie er unmittelbar nach kriegerischen Auseinandersetzungen rund um seine Heimatstadt Dresden im Jahr 1814 mit seinem Vater über das Schlachtfeld gegangen ist, wo Gefallene und Verwundete eingesammelt wurden. - Die junge Disziplin der Schlachtfeldarchäologie stellt sicherlich den denkbar größten Gegensatz dar zur nicht mehr ganz so jungen Disziplin der Alltagsgeschichte. Sie ergänzt auf einem sehr wesentlichen Gebiet unser Geschichtsbild, in dem es mit den Thesen Steven Pinkers zum Rückgang der Gewalt im Verlauf der Menschheitsgeschichte inzwischen auch zu einer wichtigen theoretisch-anthropologische Debatte gekommen ist.

Mittwoch, 25. April 2012

In 300 Milligramm Knochenmehl - Eine neue Menschenart gefunden

Die Entdeckung des asiatischen "Bruders" des Neandertalers, des "Denisova-Menschen" (2010 - 2012)

Die Geschichte von der Entdeckung einer neuen Menschenart in den letzten zwei Jahren liest sich unglaublich spannend (1). Es gibt darüber auch schon einen guten deutschsprachigen Wikipedia-Artikel.*)

Diese Geschichte ist einmal mehr ein Zeugnis dafür, in was für aufregenden Zeiten wir leben. Während man sich im 19. und 20. Jahrhundert noch (allein) um Schädel-Kalotten gestritten hat bei der Entdeckung neuer Menschenarten (es sei etwa erinnert an die legendäre Entdeckung des Neandertalers und die zunächst irrtümliche Stellungnahme Rudolf Virchows zu ihr), werden heute im Max Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig neue Menschenarten mal eben in 300 Milligramm Knochenmehl gefunden. Die reinste "Kaffeesatz-Leserei"! Ist das nicht verrückt?! Wen das nicht von der Faszination Wissenschaft und von der Faszination Humangenetik überzeugt - was dann?

Die Einzelheiten dieser Geschichte können den zahlreichen derzeit darüber erscheinenden Publikationen entnommen werden (siehe vor allem: 1). Sie sollen hier nicht noch ein weiteres mal referiert werden. Aber nicht nur die Art selbst ist durch die moderne Humangenetik gefunden worden, sondern es konnte zugleich auch ihr grobes Verbreitungsgebiet und die Art und der Umfang ihres genetischen Fortbestehens innerhalb der heutigen Menschheit bestimmt werden. Das ist auf Wikipedia derzeit folgendermaßen zusammengefaßt:
Bereits im Mai 2010 war eine Studie veröffentlicht worden, die einen Genfluss von den Vindija-Neandertalern zu Homo sapiens belegte. Daher wurde auch die genetische Distanz des Denisova-Fossils zu heute lebenden Ethnien analysiert, wobei auf Daten von 938 Menschen aus 53 Populationen zurückgegriffen wurde. Den Befunden zufolge steht das Denisova-Fossil den heute lebenden europäischen, asiatischen und afrikanischen Menschen ferner als die Neandertaler. Hingegen wurde eine signifikante Nähe zur DNA von Menschen aus Melanesien (Papua und Bougainville-Bewohner) festgestellt. Dies führte zur Aussage, dass das Genom der Melanesier – wie das aller modernen Menschen – zu 2,5 ± 0,6 Prozent vom Neandertaler stammt, zusätzlich aber weitere 4,8 ± 0,5 Prozent vom Denisova-Menschen beigesteuert wurden; zusammengerechnet wären dies laut Studie 7,4 ± 0,8 Prozent des Genoms der Melanesier, die von einer früheren Vermischung mit archaischen Homininen stammen. Im September 2011 wurden weitere genetische Befunde publiziert, die nunmehr auf einem Vergleich der DNA von 33 heute lebenden Populationen aus Asien und Ozeanien mit denen der Denisova-Fossilien beruhten. Demnach konnten DNA-Spuren der Denisova-Menschen auch bei den Aborigines in Australien, bei den Mamanwas auf den Philippinen sowie im Osten von Indonesien nachgewiesen werden, nicht aber im Westen von Indonesien, bei den Onge auf den Andamanen, bei den Jehai in Malaysia und bei Bevölkerungsgruppen in Ostasien. Die Autoren dieser Studie interpretierten den Nachweis von Denisova-DNA in Ost-Indonesien, Australien, Papua-Neuguinea, Fidschi und Polynesien als Beleg dafür, dass die genetische Vermischung in Südostasien stattgefunden habe, was bedeuten würde, dass die Denisova-Menschen ein Gebiet zwischen Sibirien und den Tropen besiedelt hätten. Diese Deutung ist jedoch umstritten, da frühe Wanderungen von Vorfahren der untersuchten Volksgruppen nicht ausgeschlossen werden und die sexuellen Kontakte daher auch weiter nördlich – im asiatischen Kernland – stattgefunden haben könnten.
Nun gut, das sind Detailfragen. Aber: Kein Wunder also, daß die Physische Anthropologie schon seit mehr als hundert Jahren sagt, daß die australischen Ureinwohner und die Negritos Südostasiens archaischeren Menschenarten mehr ähneln als andere Menschengruppen. (Was ja auch jedem Laien sehr schwer fällt zu übersehen.) 

Abb.: Aufnahme von Herbert Basedow, Südaustralien, 1903

Aber mehr noch: Was für Erkenntnispotentiale stecken in der modernen Humangenetik, wenn sie aus wenigen hundert Milligramm Knochenmehl eine solche Geschichte herauslesen kann, die vielhunderttausendjährige Humangeschichte eines ganzen Kontinents, nämlich des asiatischen.

Man kann auch sagen, daß die Naturwissenschaft heute die Menschheit gerne auch mal "um den kleinen Finger wickelt", in diesem Falle um das Endglied jenes kleinen Fingers, dem die wenigen hunderte Milligramm Knochenmehl entnommen worden waren ...

Ja, noch mehr: Die Ureinwohner der Philippinen stammen von anderen Denisova-Menschen ab als die Ureinwohner Neuseelands und Australiens (1, S. 27). Ausgerechnet wieder einmal die berühmte "Wallace-Linie" trennt diese beiden Nachfahrengruppen voneinander und man will jetzt in Leipzig wissen, warum es gerade diese Linie ist (1, S. 28).

Begrenzte genetische Vermischungen von "moderneren" Populationen mit "archaischeren" fördert offenbar die genetische Anpassungsfähigkeit

Und jetzt, jetzt entdecken die Physischen Anthropologen auch in China plötzlich "seltsame Schädel", von denen sie jetzt vermuten, daß es sich um Denisovaner handeln könnte (1, S. 28). Möglicherweise eine Peinlichkeit für die chinesische Anthropologie, daß sie das nicht früher gemerkt hat, daß sie es hier mit einer eigenen Menschenart zu tun hat. Der von uns sehr geschätzte Hamburger Anthropologe Günter Bräuer, ein Schüler von Ilse Schwidetzky, hatte übrigens auch hier offenbar schon wieder einmal Pionierarbeit geleistet, der - trotz der nachmaligen humangenetischen Bestätigung seiner ebenfalls frühzeitigen "Out-of-Africa-Hypothese" - offenbar dennoch bis heute in China kaum nachgegangen worden ist. Die Humangenetik treibt die Physischen Anthropologen "zu Paaren". Sie treibt sie vor sich her und klärt einmal aufs Neue viele Fragen, die von ihr viele Jahrzehnte nicht hatten geklärt werden können.

Und noch mehr: Neuerdings wird vermutet, daß sich der anatomisch moderne Mensch noch sehr spät (viele zehntausend Jahre nach seiner Artbildung in Afrika) innerhalb Afrikas selbst mit dort noch weiterlebenden archaischeren Menschenarten vermischt haben könnte. Diese weiterlebende archaischere Menschenart scheint vor allem in Zentralafrika ihre Heimat gehabt zu haben, da genetische Signale derselben derzeit am "dichtesten" bei den Pygmäen gefunden werden (1, S. 33). 

Die heutigen Papuas scheinen 95 Prozent ihrer Immungene von dem Denisova-Menschen geerbt zu haben (1, S. 34 - 36), woran ablesbar wird, das Vermischungen einwandernder mit einheimischen Populationen notwendige genetische Anpassungsprozesse der einwandernden Population erleichtert haben könnten in der Evolution. Eine Theorie, die der Humangenetiker John Hawks frühzeitig auf seinem Blog vertreten hat, und die nun zahlreiche Bestätigungen erhält. Man möchte z.B. meinen (das vertreten wir hier auf dem Blog ebenfalls seit Jahren), daß auch die genetische Geschichte des aschkenasischen Judentums und die vermutete Vermischung seiner Gründerpopulation mit deutschen Frauen nicht unbeträchtlich genetische Anpassungsprozesse an den mitteleuropäischen Kulturraum beschleunigt haben und damit zu der  großen menschheitsgeschichtlichen Bedeutung des aschkenasischen Judentums mit beigetragen haben werden.

Man kann also vermuten, daß hiermit ein allgemeingültigeres Gesetz der Humanevolution entdeckt worden ist, das auch heute und künftig noch gültig sein wird. Man fragt sich: Welche kulturellen und genetischen Selektionsprozesse sind es heute, die maßgeblich zur genetischen Zusammensetzung jener Populationen beitragen werden, die die künftige Geschichte der Menschheit tragen werden?

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*) Man vgl. etwa auch National Geographic Deutschland 8/2010 oder mehrere Spiegel-Artikel. Das Handelblatt vom 7.2.2012 hat auch ein Video mit eingebunden. Und so gibt es noch zahlreiche andere Berichte im Netz

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1. Ewe, Thorwald: Denisova-Mensch (der Heft-Titel). In: Bild der Wissenschaft 5/2012, S. 20 - 37

Freitag, 20. April 2012

1200 v. Ztr. - Vorstoß aus dem Süden nach Mecklenburg?

Hat ein "Nord-Süd-Konflikt" die Völker in Mecklenburg, im Nord- und Ostseeraum in Unruhe versetzt und sie nach Süden aufbrechen lassen?

Seit 2008 sind hier auf dem Blog Beiträge zu dem neu entdeckten bronzezeitlichen Schlachtfeld im Tollensee-Tal in Mecklenburg erschienen (1 - 4). Im aktuellen Heft von "Bild der Wissenschaft" wird auf einige spannende neue Erkenntnisse bezüglich dieser Schlacht hingewiesen (5). Vor allem: Beteiligte an der Schlacht, die sich offenbar auf einer Breite von 3 Kilometern abgespielt hat - in der also bronzezeitliche europäische "Reiche" gegeneinander gestanden haben könnten - sollen aus dem Süden, aus Mitteldeutschland, Schlesien oder dem Alpenraum stammen.

Abb. 1: Das Schlachtfeld (aus: 6)
Wir haben in vielen früheren Beiträgen vor allem seit Januar 2010 auf die bronzezeitlichen Höhenburgen, protourbanen Siedlungen bis zum Nordrand der deutschen Mittelgebirge seit 2.200 v. Ztr. hingewiesen. Wir haben auch schon behandelt, daß die Bronzezeit von einem berühmten Bogenschützen-Fürsten (Amesbury) aus dem Alpenraum nach England und Stonehenge gebracht worden ist. Auch ist ja heute gut bekannt, daß der Ackerbau selbst aus dem Süden stammt und sich nach und nach nach Norden ausgebreitet hat.

Man denkt auch an den Vorstoß der Römer nach Norden, nach Mitteleuropa und an die Ausbreitung des Christentums durch die Franken und Karl den Großen. Diese Vorgänge sind selten ganz friedlich verlaufen, bzw. werden ganz friedlich verlaufen sein. Schon in der Endzeit der Bandkeramik künden wallbewehrte Burgen vor allem an den nördlichen Außengrenzen dieses Kulturraumes von kriegerischen Ereignissen.

Und dementsprechend sind gegenläufige Völkerwanderungen in den Süden natürlich ebenso bekannt.

Eine Nord-Süd-Dialektik der Weltgeschichte?

Somit würde sich mit den neuen Erkenntnissen zur Tollense-Schlacht immer mehr ein großartiges weltgeschichtliches Szenario vervollständigen: Bevölkerungsreiche Dorf- und Stadtkulturen dringen in den Norden vor und breiten hier neue Lebensweisen aus (etwa Dorfkultur, indogermanische Sprache, Stadtkultur, Christentum ...). Nicht selten brechen die nördlicheren Kulturen dann nach einem kulturellen (und wahrscheinlich jeweils auch genetischen) Anpassungsprozeß schon wenige Jahrhunderte später in gegenläufiger Bewegung zu Eroberungszügen nach dem (ständig "dekadenter" gewordenen) Süden auf.

Also eine Art dialektischer Prozeß.

Bekannt ist, daß unter den Völkern des "Seevölkersturmes" um 1200 v. Ztr. im Mittelmeerraum auch Völkerschaften aus Mitteldeutschland mitgezogen sind, die sich unter anderem im heutigen Palästina angesiedelt haben (siehe frühere Beiträge). Offenbar haben also aus dem mitteldeutschen Raum gleichzeitig Völker sich auch Richtung Norden in Bewegung gesetzt. Wer weiß, welche Unruhen dadurch im Nord- und Ostseeraum ausgebrochen sind. Warum sollen nicht auch hier Völker aufgebrochen sein und sich schließlich am Seevölkersturm im Mittelmeerraum beteiligt haben, wo doch heute gut bekannt ist, daß die kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte zum Mittelmeerraum damals vergleichsweise gut waren? Wir erfahren (6):
Im Tollense-Tal kommen schon seit Jahrzehnten aus dem Aushub von Flußbaggerungen immer wieder  hübsche Bronzefunde ans Tageslicht: Gefäße wie Fibeln und Gürteldosen, zudem Werkzeuge wie Beile und Sicheln. (...) Einige wurden in der Region hergestellt, andere stammen aus weiter entfernten Gebieten wie dem Erzgebirge und dem Ostalpenraum.
Und:
Im Tollense-Tal wurde eine Reihe von Bronzenadeln entdeckt, wie sie in der Älteren Bronzezeit im heutigen Schlesien, 400 Kilometer südöstlich der Fundstelle, in Mode waren. Der Verdacht erhärtet sich mit jedem weiteren Fund: Hier, inmitten der Idylle, tobte ein Nord-Süd-Konflikt.
Allerdings will einen der wichtigste Hinweis für diese These, nämlich daß die Knochen der Gefallenen auf C4-haltige Pflanzennahrung hinweisen und deshalb aus dem Süden stammen, weil ("nur"?) dort Hirse angebaut worden sein soll, zumindest in der Kürze, in der diese in diesem Artikel gebracht wird, noch nicht recht überzeugen: Denn auch im Ostseeraum haben doch damals die Menschen von Hirse gelebt?

Man darf in jedem Fall auf weitere Erkenntnisse sehr gespannt sein.

"Archäologie ist auch eine Chance für die Region"

- - - Ergänzung 27.4.12/24.5.12 - - -

Neue Gold-, Zink- und Bronzefunde, vorgestellt auf einer Pressekonferenz an der Universität Greifswald (Uni GreifswaldidwNDRNordkurier 1, 2, T-Online), verstärken den Eindruck davon, daß hier 1250 v. Ztr. in Mecklenburg eine große und geschichtlich bedeutsame Schlacht stattgefunden hat. An dieser sind offenbar auch reiche Fürsten beteiligt gewesen und in dieser gefallen, möglicherweise - siehe Haarschmuck - sogar Fürstinnen. Ebenso wecken kunstvoll geschwungene bronzene Pfeilspitzen die Aufmerksamkeit. Noch ein Zitat (Nordkurier, 23.5.12) (Hervorhebung nicht im Original):
Aber auch eine Nadel stellt die Wissenschaftler vor neue Fragen. „Wir konnten die Bronzenadel einem Formtyp aus dem Süden zuordnen“, erklärt Anne Dombrowsky. Wie ist sie in das Tollensetal gekommen? Gab es zwischen dem Süden und Norden Handelsbeziehungen oder wurde die Nadel mitgebracht? Diesen Fragen geht die Doktorandin jetzt nach. Generell sei die Qualität und Menge sehr auffällig, betont sie. „Wir haben 24 Bronzepfeilspitzen finden können, genauso viele wurden in den letzten 150 Jahren im gesamten Mecklenburg-Vorpommern zu Tage gebracht.“
Die Wissenschaft hat den Fund bereits für sich entdeckt. Doch für Touristen ist er noch nicht zugänglich. „Eine touristische Nutzung ist nicht ganz einfach“, erklärt Terberger. Er könne sich vorstellen, dass der Besuch eines Museums mit dem Besuch der Landschaft verknüpft werden könne. Aber dies sei Aufgabe des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Dass sowas gut klappen kann, zeigt die bronzene Himmelsscheibe von Nebra. „Fast jeder kennt sie. Archäologie ist auch eine Chance für die Region“, so Terberger.


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1. Bading, Ingo: 1.250 v. Ztr. - Die Schlacht von Altentreptow. Auf: Studium generale, 8.10.2008.
2. Bading, Ingo: Schlacht mit Holzknüppeln in der Ostsee-Region, 1250 v. Ztr.. Auf: Studium generale, 13.10.2008
3. Gründler, Karl F.: Sie schlugen sich mit Holzkeulen die Köpfe ein. Ein Schlachtfeld der Bronzezeit an der Tollense in Mecklenburg. Tagesspiegel, 03.09.2009 [17.1.10]
5. Bading, Ingo: 1.200 v. Ztr. - Vergleichsmöglichkeiten von Schlachten in Mecklenburg und Ägypten. Studium generale, 16.8.2011

Freitag, 6. April 2012

Ostasiatische Gene, Keramik und Hirse breiten sich nach Westen aus (7.000 v. Ztr. und später)

"Dienekes Anthropologie-Blog" (1) macht auf eine neue humangenetische Studie aufmerksam (PLoS One), in der zum wiederholten male ostasiatische menschliche Gene in Osteuropa gefunden werden und in der abschließend auf archäologische Studien hingewiesen wird (Detlef Gronenborn u.a., 2005) zur Ausbreitung von Keramik und Seßhaftigkeit von aus Asien nach Osteuropa. Wobei (Halb-)Seßhaftigkeit - wie im Vorderen Orient - Jahrtausend lang noch keineswegs Ackerbau selbst impliziert oder implizieren muß.

Abb. 1: Erste Kulturen mit Keramik in zeitlicher Abfolge: Yelshanian (1), Rakushechnyi Yar (2), Buh-Dniestrian (3), Obere Wolga (4), Valdai (5), Sperrings (6), Narva (7), Chernoborskaya (8), Serteya (9) und Zedmar (10) (aus: D. Gronenborn u.a., pdf 2005)

Auch die Hirse hat sich schließlich in der Zeit des Frühneolithikums höchstwahrscheinlich von China aus nach Europa verbreitet. Dabei ist inzwischen auch klar geworden, daß nicht die Jomon-Kultur in Japan die weltweit älteste Kultur mit Keramik darstellt, sondern eine Kultur am mongolischen Amur-Fluß (lt. Detlef Gronenborn u.a., 2005):

Ein frühes Zentrum der Keramikherstellung ist im Fernen Osten Rußlands an den unteren Ufern des Amur-Flusses festgestellt worden: Gasya (14,200 - 10,690 cal BC), Khummi (14,600 - 9700 cal BC) und Goncharka (13,400 - 9700 cal BC), ebenso Gromatukha am Zeya Fluß (13,500 - 9230 cal BC). Frühe Daten hat man bekommen für Keramik-führende Siedlungsorte in der Transbaikal-Provinz im südlichen Sibirien: Ust-Karenga (11,600 - 10,450 cal BC), Ust-Kyakhta (11,900 - 11,150 cal BC) und Studenoye (11,250 - 10,350 cal BC). (...) Diese technische Neuerung erscheint im Waldsteppen-Gürtel des nördlichen Eurasie um 14.500 v. Ztr. und verbreitet sich nach Westen und erreicht den südöstlichen Ausläufer der osteuropäischen Ebenen um 7000 v. Ztr..
An early centre of pottery-making has been identified in the Russian Far East on the lower stretches of the Amur River: Gasya (14,200 - 10,690 cal BC), Khummi (14,600 - 9700 cal BC) and Goncharka (13,400 - 9700 cal BC), as well as Gromatukha on the Zeya River (13,500 - 9230 cal BC). Early dates have been obtained for pottery-bearing sites in the Trans-Baikal province in southern Siberia: Ust-Karenga (11,600 - 10,450 cal BC), Ust-Kyakhta (11,900 - 11,150 cal BC) and Studenoye (11,250 - 10,350 cal BC). (...) This technical novelty initially emerged in the forest-steppe belt of northern Eurasia starting at about 14,500 cal BC, and spread to the west to reach the south-eastern confines of East European Plain by 7000 cal BC.

Man hat also davon auszugehen, daß sich die Keramikverwendung von den osteuropäischen Steppen aus nicht nur bis in den Mittelmeerraum ( Cardial-Kultur [Wiki] ab 6.500 v. Ztr.) und in den Vorderen Orient (etwa Hassuna-Kultur [Wiki] ab 5.800 v. Ztr. und ihre Vorgängerkulturen) hinein verbreitet hat, sondern nur wenig später auch bis in die Ostseeregion (Ertebolle-Kultur ab 5.300 v. Ztr. [Wiki]). (Siehe auch Henny Piezonka 2008 oder Wikip..)

Noch um 850 n. Ztr. kamen mit den ungarischen Stämmen asiatische Gene nach Osteuropa (s. St. gen., 11.10.11). Ob die älteste Schicht ostasiatischer Gene sich schon mit dem Frühneolithikum, mit Keramik und Hirse ausbreitete oder später, wird wohl nach und nach noch genauer zu klären sein.

Denkbar ist die Ausbreitung der Gene ja nicht nur in den Körpern von Eroberern, sondern auch in den Körpern von Sklaven, denn der Sklavenhandel in Osteuropa ist bis ins Frühmittelalter hinein bezeugt und Tacitus berichtet von davon, daß die ostgermanischen Könige ihre Macht insbesondere auf Sklavenbesitz gründeten. Auch können sie sich ausbreiten in der Form des "Mitwanderns" von abhängigen, weniger kriegerischen und wanderungsfreudigen Unterschichten oder angegliederten Stämmen und Völkern mit anderen Völkern.

____________
  1. Dienekes’ Anthropology Blog: Rare mtDNA haplogroups of North Asia. 20.3.2012, http://dienekes.blogspot.com/2012/03/rare-mtdna-haplogroups-of-north-asia.html
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